Lastminute 2:2-Ausgleich beschert Zähler gegen Hörste – Riserva zahlt Tribut für Aufholjagd der letzten Wochen

(SM) In einem über weite Strecken erschreckend schwachen letzten Spiel des Jahres 2021 nahm die Riserva mit dem Schlusspfiff und ausgesprochen schmeichelhaft noch einen Punkt von TG Hörste mit, „Speedster“ Alexander Schulze traf zwei Mal, einmal in der ersten und einmal in der letzten Aktion des Spiels.

So eine Nacht mal drüber schlafen ist schon wichtig, wenn man den Ereignissen eines Spieltages am Ende einigermaßen sachgerecht werden möchte. Erst dann ist der Blick frei für die Gesamt- und Begleitumstände des Durchstandenen. Zwar wähnte man sich am Samstagabend noch in der Sicherheit eines ordentlichen 15 Mann-Kaders, aber in diesen Zeiten heißt das nichts mehr. Kurzfristig, quasi 30 Minute vor Treffen, schmolz die Zahl der Einsatzbereiten für den „Riserva-Verwaltungsrat“ um Frank Rott, Sven Terveer und Stefan Mahne auf 13 ab, wobei der Einsatz von Keeper Terveer verletzungsbedingt alles andere als sicher galt. Wieder einmal war guter Rat teuer, aber es gibt sie noch, die guten Typen, die unglaublichen Charaktere, die Leute, die Du nachts anrufst und die dann nicht lange rumtun, sondern fragen: „Wann und wo?“ Bereits aus der Kabine des komplett neugebauten Sportgeländes in Halle, wohin das letzte Riserva-Match des Jahres witterungsbedingt verlegt worden war, kam nur noch eine Option in Frage, um den engen Kader der Senner Zwoten aufzustocken: Alexander Lorenz, der schlachterprobte kasachische Steppensturm, längst im Allstar-Status der Südbielefelder angekommen, an diesem nasskalten vierten Advent auf dem heimischen Sofa erwischt: „Kannst Du kommen? Sieht übel aus!“ – und, er kam – fast pünktlich zum Anstoß! Ich habe in den letzten zwei Jahren nochmal viel gelernt über Zusammenhalt, Loyalität und echte Freundschaft – diese kleine Kreisliga-Story, so unbedeutend sie in diesen bewegten Zeiten auch erscheinen mag, steht sinnbildlich dafür! DANKE für alles, Alexander Lorenz!

Welchen Wert, der im zweiten Durchgang für Joni Vogt kommende Lorenz für das schwächelnde Waldbadensemble haben sollte, sollte am Ende deutlich werden. Zunächst musste einmal mehr in der Innenverteidigung umgebaut werden: Vor dem angeschlagenen, aber am Ende durchhaltenden Sven Terveer im Tor (auch hier ein deutlicher Schulterklopfer für den aufopferungsvollen Terveer!) lief mit Burhan Tokman und Jan Henrik Rüter das gefühlt, fünfundachtzigste IV-Duo auf. Während Jan Henrik Rüter sich nach ausgesprochen unsicherer, erster Halbzeit einschließlich unglücklicher Vorbereitung des Hörster Führungstreffers, im zweiten Durchgang stabilisierte und teilweise überragend, Hörster Konter im zweiten Durchgang im Alleingang entschärfte, erwischte Burhan Tokman einen rabenschwarzen Tag. Ivo Dalhoff kämpfte und kniete sich in die Partie, er gehörte zu den besseren Sennern, während Kris Naporra vor allem kommunikativ und mit Präsenz versuchte, sein Team voranzutreiben. Lukas Hentschel auf der Sechs wirkte nach seiner guten Partie gegen Ravensberg gehemmt und verhalten, Mirko Cacic musste der deutlichen Belastung der vergangenen Wochen Tribut zollen und blieb weit hinter seinen Möglichkeiten als Spielmacher. Alexander Schulze, einer der wenigen Lichtblicke im Senner Team, war im Prinzip der einzige Senner, der so etwas wie Torgefahr ausstrahlte. Als die Gastgeber das aber nach einer guten halben Stunde realisiert hatten, wurden die Durchbrüche des Highspeed-Wunders sehr selten und lief im Prinzip alles gegen die Waldbadkicker. Mert Kilic auf der linken Flanke zeigte nach vielen guten und engagierten Leistungen in den vergangenen Wochen einen desolaten Auftritt. Auch die Offensivabteilung aus Marc Wittler und Joni Vogt machte einen mehr als abgehalfterten Eindruck und wirkte mental bereits in der Winterpause. Auf der schmalen Bank nahmen Erich Klassen, Marcel Schmidt und der dazu gerufene Alex Lorenz, Platz.
Obwohl die Senner eine erschreckend schwache Vorstellung liefern sollten, lief es zunächst sogar noch ausgesprochen günstig für die Südbielefelder: Direkt vom Anstoß spielten die Senner Alex Schulze über rechts frei, der kurz den Turbo zündete und mit einem harten Torschuss aus dreizehn Metern aus halbrechter Position den Hörster Keeper, der zum Ende hin ein tragischer Held werden sollte, überwand. Die Forderung des verletzten Spielertrainers Frank Rott wurde somit umgehend erfüllt, jedoch offenbarten die Waldbadkicker in der Folge eine desaströse Gesamtform. Immer wieder vertändelte die Abwehr im Spielaufbau völlig unnötig Bälle und lud die Gastgeber zu hochgefährlichen Torszenen ein. Noch jedoch sollten sich die Gastgeber des unfassbar schnellen Schulzes nicht erwehren können. Wieder auf die Reise geschickt, geht Schulze aufs Tor, jedoch anstatt aus 7 Metern einfach abzudrücken, spielt Schulze auf die mitgelaufenen Wittler und Kilic ab, die den Ball verpassen, wobei Kilic gleich zwei Mal am nahezu ruhenden Ball vorbeitritt – hier war das 2:0 Pflicht! Kurz darauf ist Schulze ein letztes Mal seinem Gegenspieler entfleucht und springt über dessen Harakiri-Grätsche im Strafraum hinweg, hier wäre sonst wohl, ohne Zweifel, der Strafstoßpfiff erfolgt. Danach ergaben sich die Senner ihrer unterirdischen Gesamtperformance, probierten es, weil spielerisch so gar nichts glückte, ausschließlich mit langen Bällen auf Schulze. Auch Hörste agierte viel mit Langholz und profitierte von katastrophalen Fehlern der nach Sicherheit suchenden Senner Defensive. Hörste war engagierter, lief mehr und verdiente sich eine Offensivaktion nach der nächsten. Nach einer unnötig verursachten Ecke können die Gastgeber eine zu kurze Faustabwehr des ansonsten guten Terveer im Senner Sechzehner zurücklegen und mit Schuss aus 13 Metern den verdienten Ausgleich erzielen. Hörste jetzt am Drücker und durch ein wahres Fehlpassfestival der Senner immer wieder eingeladen, profitiert nur 10 Minuten nach dem Ausgleich von einem Querschläger: Jan Henrik Rüter trifft die Kugel nicht richtig und das Leder verabschiedet sich in Kerzenmanier majestätisch in den nieselregenverhangenen Adventssonntag. Die Gäste können den Ball erobern, ein Pass in die Spitze und Terveer ist gegen den alleine vor ihm auftauchenden Stürmer machtlos – 2:1 Hörste.
Bei Senne ging einfach gar nichts mehr, daran sollten auch deutliche Worte in der Kabine nichts ändern. Der einzige, bei dem die Ansprache offenbar nicht ganz verhallte, war Jan Henrik Rüter, der im zweiten Durchgang eine starke Leistung darbot und gegen drei, vier hundertprozentige Überzahl-Konter der Gastgeber, die eigentlich die Entscheidung hätten bedeuten müssen, zum Teil überragend rettete. Änderung in Präsenz und Verantwortungsbewusstsein sowie vor allem Verantwortungsübernahme kam erst mit Alexander Lorenz auf den Platz. Lorenz forderte die Bälle, zeigte sich immer anspielbereit und nahm es auch, wie in alten Zeiten, notfalls mit drei Gegenspielern gleichzeitig auf. Da, wo sich zahlreiche Akteure der Riserva beinahe ängstlich wegduckten, strahlte Lorenz Präsenz und Sicherheit aus. Frank Rott brachte Erich Klassen für Marc Wittler und Marcel Schmidt für den angeschlagenen Cacic, insgesamt gewannen die Senner im letzten Spieldrittel leidlich die Regie, die besseren Chancen hatten aber ganz klar die Gastgeber, die ein ums andere Mal ihre Offensivschwäche offenbarten. Bis auf eine Chance von Marc Wittler, sowie zwei guten Freistößen von Alex Lorenz, reichte es jedoch bis zur 93. Spielminute für nichts Zwingendes, dann überschlugen sich die Ereignisse: Ein letztes Mal, dieses Mal über links geschickt, geht „Speedster“ Schulze mit Ball am Fuß in den Sechzehner und wird nach Vorhergabe unsanft vom Hörster-Keeper abgeräumt. Der Schiedsrichter zeigt sofort auf den Punkt, aber in dieser Situation war die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, erneut überhaupt nicht vorhanden, sodass Burhan Tokman, zuletzt stets fehlerfreier Elferschütze, zum Strafstoß antrat. Doch der Elfer stand symbolisch für die Leistung des sympathischen Singer-Songwriters – schwach, der Hörster Keeper pariert: Es sollte nicht sein. Nochmal landet der Ball bei Terveer, der in der letzten Aktion der Partie das Spielgerät mit weitem Flugball zu Alexander Lorenz bringt. Ein letztes Mal spielt Lorenz den Ball auf Schulze, der sich die Kugel jedoch im ersten Kontakt zu weit vorlegt, sodass der TG-Keeper und designierte Held dieses nasskalten vierten Advents, die Kugel eigentlich nur noch aufzunehmen braucht. Irgendwie rutscht dem Torwart das glitschige Spielgerät jedoch durch die Hände und Hosenträger, plötzlich steht Schulze wieder mit Ball am Fuß vor dem leeren Tor. Hatten zuletzt die Senner zu zahlreichen Gastgeschenken eingeladen, war es nun das Heimteam in Person des bis dahin stark haltenden Torwarts, das zum Treffen einlud. Schulze knallt den Ball rein und der Schiedsrichter beendet die vierminütige Nachspielzeit – 2:2 Endstand.

Ich glaube, es ist nicht erwähnenswert, dass dieser letzte Auftritt in 2021 nichts war, und zwar in jeder Hinsicht, abgesehen von dem Punkt, den man mitgenommen hat. Darüber hinaus muss man wohl konstatieren, dass das Herausarbeiten aus dem Tabellenkeller der letzten 8 Wochen deutlich und reichlich Körner gekostet hat. Hinzukommt, dass die Pandemieentwicklung dazu geführt hat, dass zuletzt nur noch unregelmäßig personelle Unterstützung zur Verfügung stand. Man überwintert mit 23 Punkten auf Tabellenplatz sieben, 19 Punkte hat man in den letzten acht Wochen geholt, dafür gilt an dieser Stelle allen, die sich zusammengerauft haben, sowie kurzfristig und aus empfundener langjähriger Solidarität unterstützt haben, ein riesengroßes Dankeschön! Ob es der angehende Familienvater Flori Helmke, Marcel Landgraf, unser angehender Anwalt Jan Gruner, Malte Hawerkamp, Henne Eckseler, mein „Lieblingsmensch“ Luka Marquardt oder zu guter Letzt, der unverwüstliche Alexander Lorenz war, vielen, vielen Dank dafür, dass ihr mitgeholfen habt, den Karren „2. Mannschaft“ aus dem Dreck zu ziehen und wir jetzt um einiges beruhigter in die äußerst kurze Winterpause gehen können. Ansonsten gehört Frank Rott und Sven Terveer in diesem „Abspann für 2021“ ein Dankeschön und Komplimente für die Übernahme der sportlichen Verantwortung bei der Riserva, mutmaßlich „to be continued“.
Ich verabschiede mich an dieser Stelle und wünsche allen Lesern, Freunden, Fans und dem TuS 08-Zugewandten ein frohes Fest sowie Gottes Segen!

Bleibt gesund und bis nächstes Jahr!

Man of the Match: Alexander „Speedster“ Schulze

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