In einem durch zahlreiche Treffer in Folge von schweren Abwehrfehlern auf beiden Seiten geprägten Match setzte sich das personell gebeutelte Senner Team am Ende durch die Tore von Timon Finger, Frank Rott, Alexander Schulze und Burhan Tokman mit 4:3 durch.
Wie einmal einen Sonntagnachmittag im strömenden, sturmgepeitschten Regen verbringen, wer wünscht sich das als Kreisliga-Veteran nicht? Die Partie der Senner Zwoten beim Tabellenvierten aus Jöllenbeck war schon alleine meteorologisch keineswegs gesegnet, hinzu kamen die altbekannten Sorgen mangelnder personeller Konstanz, die man lediglich über einen kurzen Zeitraum im Herbst nicht kannte. Interimsspielertrainer Frank Rott fand recht passende Worte vor dem Auftritt seines Teams im Jöllenbecker Naturstadion zur Situation der eigenen Equipe: Sportlich befindet man sich nach der deutlich zu hohen Vorwochenniederlage gegen Langenheide (2:6) dort, wo es keinen passionierten Fußballer hinzieht – nämlich in der tabellarischen Bedeutungslosigkeit. Andererseits, ist in der Staffel 2 der B-Liga keine Mannschaft insofern als „Fallobst“ einzuordnen, als das auch die Teams der unteren Tabellenhälfte regelmäßig punkten, sodass man auch durchaus mit ordentlichem Punktepolster bei Corona bedingten fünf potenziellen Absteigern noch unten reinrutschen kann, wenn es nicht gelingt in den wesentlichen Partien die Spannung aufrecht zu erhalten. Den rechten Spaß am Fußballspielen zu halten und eine sportliche Antwort auf die missliche Tabellensituation parat zu haben war daher die Losung der heutigen Partie. Zudem gilt es sich für die Riserva neu zu schütteln, denn mit Tom Friedrich hat ein absoluter Leistungsträger der vergangenen Hinserie die Zwote in Richtung Waldbadexpress verlassen, um dort im Abstiegskampf der Bezirksliga zu unterstützen. Ein schmerzlicher aber im Endeffekt folgerichtiger Verlust für die zweite Senner Mannschaft. Da man unter der Woche erstmalig in dieser Saison zunächst personell (Corona-Ausfälle etc.) und danach sturmbedingt nicht trainieren konnte, sprach nicht viel für die Senner Elf, die zudem auf Felix Scharf, Kris Naporra, Mert Kilic, Ahmet Eser, Lukas Hentschel und Marc Wittler komplett verzichten musste, derweil Mirco Cacic mit Leistenbeschwerden sowie Alexander Schulze als Corona Rekonvaleszent deutlich angeschlagen in die Partie gingen. Mit Timon Finger und Jan-Luca Wolter stellten sich wiederum etatmäßige Kräfte des Waldbadexpresses in den Dienst der Zwoten, sodass Frank Rott trotz der mit halber Kraft in die Partie gehenden Akteure insgesamt eine ordentliche Startformation aufbieten konnte, der sich auch „Goldfuß“ und Allstaranwärter Flori Helmke dankenswerter Weise wieder anschloss.
Das im Schnitt recht junge Gastgeberteam, das bisher auf einen recht erfolgreichen Saisonverlauf blicken kann und als Tabellenvierter durchaus noch Möglichkeiten nach oben besitzt, spielte einen insgesamt sehr sicheren Ball im Aufbau und lauerte über klassisches, flexibles Flankenspiel auf seine Möglichkeiten, die sich dann vor allem im ersten Durchgang auch zu Genüge ergeben sollten. Das Senner Team agierte insgesamt defensiv orientiert, schaltete dann aber insbesondere über „Speedster“ Schulze sowie über die gut funktionierende Zentrale aus Rott und Helmke sowie den angeschlagenen Cacic im Verbund mit Timon Finger schnell um und kam so an aussichtsreiche Gelegenheiten. So ist es Alex Schulze, der sich seine Kräfte und Puste wohl einteilen musste, der von Cacic in den Sechzehner geschickt, zunächst noch am gut herauslaufenden Heimtorwart scheitert. Bei der nachfolgenden Ecke zeigt Timon Finger seine individuelle Klasse und mogelt die flache Hereingabe per Hackentrick zum 1:0 ins lange Eck des Jöllenbecker Gehäuses.
Die Gastgeber profitieren danach, insgesamt ausgereifter und eingespielter in den Lauf- und Ballwegen, von schweren Fehlern in der häufig zu statisch wirkenden und zu unentschlossen agierenden Senner Defensive. Zunächst bleiben die Vorstöße ins Senner Drittel zwar noch ohne Folgen, aber die Gastgeber haben nun deutlich mehr vom Spiel. Nach gut zwanzig Minuten gelingt dann der Durchbruch in die rechte Senner Flanke, vor dem eigenen Gehäuse passt Zuteilung und Abwehrverhalten nicht, sodass ein Heimakteur aus gut 18 Metern nahezu unbedrängt den Ball in den rechten Torwinkel schlenzt. Der Ausgleichstreffer reißt die Senner zwar wieder aus der zu lethargisch gewordenen Spielweise, aber die Fehlerquote beim Waldbadensemble blieb insgesamt deutlich zu hoch, während die Heimmannschaft große Abstimmungsschwierigkeiten bei Standardsituationen offenbart. So ist es ein Freistoß von Mirko Cacic, der zunächst an ihm selber verursacht worden war, den Frank Rott stark antizipiert, mustergültig über den Skalp rutschen lässt, während der herausstürmende Heimkeeper am Flugball vorbeisegelt. Das 2:1 für Senne, erneut nach Standard, ein Indiz für offensiv wieder stärker werdende Senner. Doch bleibt das Senner Leid im ersten Durchgang die Anfälligkeit im Zentrum, dieses Mal begünstigt durch eine Windbö, die den ansonsten seit Wochen solide-stark agierenden Ivo Dalhoff, auf der linken Senner Abwehrseite, am Flugball der Gastgeber vorbeischlagen lässt. Wieder kann Jöllenbeck von der Grundlinie scharf vorher ziehen, wieder ist der Angreifer schneller als die Senner Innenverteidigung und wieder ist der Ball im Netz – 2:2 Ausgleich.
Das Spiel gleicht einem Hin und Her, nur kurz nach dem Ausgleich schickt Frank Rott Alexander Schulze auf die Reise, der mit ein wenig Fortune den herauseilenden Torwart überwinden und zur neuerlichen Senner Führung, den Abseitsrufen des Heimteams zum Trotz, vollenden kann. Aber es bliebt beim Alten, „wie gewonnen, so zerronnen“ direkt vom Anstoß kombinieren sich die Gastgeber wieder über die rechte Senner Seite vor das Tor, gleich drei Senner in der Zentrale können den vorhersehbaren Spielzug nicht unterbinden und Jöllenbeck gleicht mit einem trockenen Flachschuss aus 18 Metern zum 3:3 aus. Generell das Senner Manko in diesen Zeiten, die schiere Flut an Gegentoren, insgesamt 51 Stück hat man in nunmehr 19 Partien kassiert, das ist echt ne Menge.
Positiv bis hier her der engagierte Einsatz von Flori Helmke, der in seinem 30. Lebensjahr wohl die höchste Senner Laufleistung auf dem Jöllenbecker Kunstrasen abspulte und mit Timon Finger und Frank Rott im „alten Verbund“ beinahe blind agierte, was das Senner Offensivspiel stark beflügelte. Auch positiv zu vermerken, wie sich die angeschlagenen Akteure Cacic und Schulze verkauften, sowie der Einsatz von Joni Vogt, der Hoffnung machte.
Die ersten 10 Minuten nach der Pause gehören ganz klar den drängenden Gastgebern, die nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff gleich zwei Mal spektakulär scheitern. Zunächst spielen sich die Nordbielefelder wie gehabt zentral vor das Senner Tor, aber aus wenigen Metern vergibt der Jöllenbecker Angreifer kläglich gegen den überragend reagierenden Sven Terveer zwischen den Senner Pfosten. Die nachfolgende Ecke bekommen die Waldbadkicker erneut nur schwach verteidigt, sodass Frank Rott auf der Linie gegen den bereits geschlagenen Terveer retten muss. Einen Rückstand auf diese Weise vereitelt flaut der Drang der Gastgeber danach etwas ab, sodass die Senner wieder mehr von der Partie haben, aus dem Spiel heraus macht die Riserva aber deutlich zu wenig aus den sich nun bietenden Chancen und Kontergelegenheiten. Nach 70 Spielminuten muss wieder ein Standard her, der den am Ende knappen Ausgang besiegelt: Mirko Cacic schießt eine starke Ecke auf den kurzen Pfosten, wo Burhan Tokman mustergültig einläuft und die Ecke ins Jöllenbecker Tor verlängert – 4:3 Senne, noch 20 Minuten. Dieses Mal gelingt es der Waldbadequipe den postwendenden Ausgleich zu verhindern, sodass die Gastgeber ihre offensiven Ambitionen vergrößern mussten, wodurch Räume für Schulze, Finger und Vogt entstanden. Aber vor dem Tor zeigten die Senner in drei, vier Überzahl oder eins-gegen-eins-Situationen ein ums andere Mal Nerven. Alexander Schulze vergibt gleich zwei Mal, wobei der Heimkeeper in der ersten Szene deutlich außerhalb des Strafraumes die Hände zur Abwehr nutzt und entsprechend vom souveränen Schiedsrichter des Feldes verwiesen wird. Selbst in deutlicher Überzahl gelingt es den Sennern nicht, die sich nun bietenden Gelegenheiten in weitere Treffer und damit ein deutlicheres Ergebnis umzumünzen. Am Ende bleibt es beim knappen 4:3 für das Senner Team und damit beim ersten Sieg über eine der Mannschaften aus dem oberen Tabellendrittel, wichtig für die Moral und hoffentlich solider Ausgangspunkt für die folgenden Wochen.
Aus Spaß an der Freude heraus zu kicken kann auch sein Gutes haben! Die zweite Mannschaft muss sich in der gegenwärtigen Lage mehr als Ausbildungsbetrieb begreifen und gute Rahmenbedingungen für nicht wenige der in Kürze hinzustoßenden A-Jugendlichen begreifen, für die der Schritt in den Bezirksligakader ein deutlich zu großer wäre. Das funktioniert aber nur, wenn ein intakter Mannschaftsgeist mit klaren Strukturen und Voraussetzungen den jungen Spielern Normen, Werte und klare Bedingungen aufzeigt. Alex Schulze, Burhan Tokman, Marcel Schmidt, Mert Kilic, Tom Friedrich, Jan Hendrik Rüter, Lukas Hentschel, Joni Vogt – alles gute Beispiele für junge Spieler, deren Weg aus der Senner Jugend in den Seniorenbereich geführt hat. Das bedeutet aber für die „alten Hasen“, die eigene Verantwortung für die jungen Kerle anzunehmen und die Jungs auf ihrem Weg in den Seniorenfußball zu begleiten. Diese Rolle kommt einmal mehr in den nächsten Wochen auf die legendäre Riserva zu – sie anzunehmen und sich dementsprechend auf dem Platz und im Trainingsbetrieb zu verkaufen, ist wie so oft, eine Charakterfrage.