(sm) Auch in der Höhe verdient hat sich der Kleine Waldbadexepress am vergangenen Freitag bei seinem vorgezogenen Rückrundenauftakt auf dem Kunstrasenplatz der SchücoArena mit 1:8 Toren demontieren lassen. Kein Senner Akteur, der bei diesem völlig verkorksten Auftritt auch nur annähernd so etwas wie Normalform dargeboten hätte. So war der Treffer von Walid Kalaf kurz vor der Pause lediglich aktenkundige Notiz im Spielbericht, dass die Senner zumindest physisch zugegen waren.
Wenn man den Weg der Senner Zwoten mal mehr, mal weniger eng seit über 15 Jahren mitgeht, dann sind es natürlich die herausragend positiven, wie auch die herausragend negativen Ereignisse, die einem bei so einer Fußballmannschaft in der Kreisliga bewegen. Dass wir uns zurzeit in einer oder wenn nicht sogar DER herausragend positiven Phase dieser Mannschaft in den letzten Jahrzehnten bewegen, möchte man in Anbetracht des vor wenigen Tagen erlebten Desasters gerne vergessen, es bleibt aber dennoch dabei. Auch ist es auf den gesamten Senner Seniorenfußball gesehen leider in den vergangenen Jahren immer mal wieder vorgekommen, dass man einen rabenschwarzen Tag erlebt hat und sang- und klanglos untergegangen ist, nicht zuletzt der Senner Waldbadexpress kann ein Lied davon singen. Viel wichtiger als die Auswirkungen eines solchen „Schwarzen Sonntags (oder Freitags)“ auf die Tabelle ist dabei, wie man in der Aufarbeitung einer solchen Mini-Katastrophe verfährt und vor allem, ob man sie aufarbeitet. Darin wird wohl in den kommenden 6 Tagen der Schwerpunkt liegen, sich am eigenen Schopfe aus dem selbstangerichteten Malheur zu ziehen anstatt sich mit „Hätte, hätte…wäre, wäre“ selbst zu bemitleiden.
Ich kenne die meisten der handelnden Akteure auf Senner Seite, sowie die zwischenmenschlichen Chemikalien als auch die mannschaftsinternen Dynamiken im Kreisligafußball inzwischen viel zu gut, als das nicht -eigentlich seit meiner Heimkehr- eine Alarmsirene pausenlos schrillt. Man muss kein Tiefen-Emphatiker sein, um festzustellen, dass die eingespielten, robusten Mechanismen und Automatismen, die nach dem sagenhaften Aufstieg und einer zumindest vom Ergebnis her, für einen AUFSTEIGER, überragenden Hinserie, in den letzten Woche und bereits vor der Winterpause, zumindest gelitten haben. Gerade bei einer zweiten Mannschaft ist Trainingsbeteiligung und -atmosphäre von gravierender Bedeutung. Da ich die Rückrundenvorbereitung, bis auf die erste Woche, miterlebt habe, hat sich der Eindruck, der sicherlich zu dem Ergebnis vom vergangenen Freitag beigetragen hat, deutlich erhärtet. Ich bin weit weg davon, an dieser Stelle jede Facette des grausamen 1:8 durch zu analysieren, nur diese wesentliche Erkenntnis möchte ich gerne festgehalten wissen: Diese „Klatsche“ war mit Anlauf.
Die neverending Story von Erkrankungen und Verletzungen umrahmt eigentlich die zuletzt festgestellte Gesamtsituation nur noch. Es ist auch müßig, das im Einzelnen noch groß für irgendwas herzunehmen, denn es ist nun mal so, dass Erkrankungen in dieser Jahreszeit an der Tagesordnung sind und zum Thema der mannigfaltigen Verletzungen, mit der sich der kleine Waldbadexpress im Prinzip schon seit der gesamten Rückrunde 2019 herumschlägt, gibt es dem auch nicht mehr wirklich etwas hinzuzufügen. Hinzu kommen halt die relativ kontinuierlichen, zusätzlichen Absagen (Omas Geburtstag, Hamster Tod etc.), die dann in der Summe eine Situation heraufbeschwören, wie sie sich für die Senner Zwote am vergangenen Freitagabend ergeben hat. Aber um auch hier direkt Klartext zu sprechen und sich nicht in Ausreden zu ergehen: Rein nominell hat man immer noch ein recht ordentliches Team aufs Parkett gebracht, das sich keinesfalls mit sieben Toren Unterschied aus der angrenzenden Schrebergartenkolonie hätte schießen lassen müssen! In der Innenverteidigung vor Keeper Terweer spielten Waldbadexpress-Rekonvaleszent Malte Hawerkamp und Alexander Klimusch. Als Außenverteidiger mussten die Senner Coaches mit Dennis Ambrosius in Ermangelung eines gelernten Defensivmannes schon improvisieren, Ivo Dalhoff spielte angestammt den anderen AV-Part. Auf der Doppelsechs mühten sich zumindest am Anfang Kapitän Felix Scharf und Maximilian Koller, wobei beide Akteure eher der „Laufen und Kämpfen“-Zunft angehören und weniger filigrane Spielmacher sind, die mit kreativen Ideen aus der Tiefe heraus das Spiel aufziehen. Der linke Flügel gehörte mit Tom Friedrich einem der wenigen Akteure, die zuletzt deutlich Hoffnung machten, rechts versuchte sich Adriaan Stötzel. Offensiv lief mit Walid Kalaf und Marc Wittler eine durchaus ordentliche Offensivabteilung auf. In der Hinterhand verfügten Georg Pantel und Jonny Friesen mit dem wegen eines Eingriffs erst spät in die Rückrundenvorbereitung gestarteten Hoffnungsträger Lukas Hentschel, Urlauber Marcel Schmidt und eben Friesen selber über nur wenig Substanz.
Eigentlich konnte man schon vor Beginn in der Kabine spüren, dass das so ein richtiges „Scheißfreitagabendspiel“ werden würde. Es dauerte ewig, bis man alle Akteure am Westplatz zusammengezogen hatte und dann auch erst wusste, ob wirklich alle da wären und nicht doch noch irgendeiner kurzfristig ausfallen würde. Zu einem koordinierten Warmmachprogramm musste dann auch erst gebeten werden, dazu pfiff ein kalter Wind über die ehemalige „Hartalm“.
Mit Anpfiff ließen sich die Gastgeber tief in die eigene Hälfte fallen, ließen die Waldbadeleven kommen und spielten eigentlich ausschließlich auf ihren die Offensive dominierenden, spielmachenden Torjäger. Anstatt diesen Dreh- und Angelpunkt gezielt aus dem Rennen zu nehmen, ließ man diesen gewähren und offenbarte in der eigenen Defensive zum Teil schwerste Stellungsfehler. Nach nur sieben Minuten führt ein solcher Stellungsfehler zur Aufhebung einer ansonsten deutlichen Abseitsstellung. Die Gastgeber vertändeln die Aktion im Senner Sechzehner zwar noch, da man aber kaum beherzt und noch weniger engagiert versucht die Situation zu lösen, kann sich der West-Angreifer gleich drei Mal im Senner Sechzehner behaupten und den Ball dann in die Maschen schießen. Wenn die Senner eine Zeit lang an dieser Partie ernsthaft teilnahmen, dann in den Folgeminuten, als es sogar gelingt über links aussichtsreich vor das Heimtor zu spielen, Marc Wittler aber im entscheidenden eins-gegen-eins am West-Keeper scheitert. Damit war der Motor endgültig abgewürgt und es spielte eigentlich nur noch eine Mannschaft. Nach einem in dieser Form unfassbar brutalen Fehlpass aus der eigenen Defensive heraus, kann sich der Torjäger des Tabellenfünften die Kugel schnappen und lässt Terweer erneut keine Chance zur Abwehr. Die Gastgeber, die jeden Treffer feierten wie den Gewinn der Deutschen Meisterschaft, brannten jetzt lichterloh und spielten die nach nicht einmal 30 Minuten „gebrochen“ wirkende Senner Mannschaft quasi an die Wand. Engagement, Laufbereitschaft, Zweikampfverhalten – das alles dominierte der Tabellenfünfte. Nach einer halben Stunde überläuft Wests Spielmacher die linke Senner Flanke, bringt gegen die in Auflösung begriffene Senner Hintermannschaft eine perfekte flache Vorhergabe, sodass die drei mitgelaufenen Westler eigentlich knobeln können, wer alleine vor dem Tor zum 3:0 vollendet. Die Katastrophe kündigte sich jetzt deutlich an. Die Gastgeber erarbeiteten sich einfach auch das erforderliche Glück, so ist das 4:0 ein sehenswerter Torschuss, der von der Lattenunterkante über die Linie springt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Senner Elf aber jede ernstzunehmende Gegenwehr bereits eingestellt und litt auf dem Platz vor sich hin. Das 1:4 durch Walid Kalaf ist ein zentral, flach in die Spitze gespielter Pass, der durchrutscht und vom flinken Senner Offensivmann eiskalt verwertet wird. Das war es dann aber auch mit positiven Senner Aspekten von dieser Partie.
Der zweite Durchgang beschreibt eine orientierungslose, völlig von jedem Mut und jeder Hoffnung verlassene Senner Elf, die eigentlich 45 Minuten lang dem Schlusspfiff entgegensehnte. Ich habe in den vergangenen 15 Jahren in den „schlechten Zeiten“ viele schlimme Partien mit Sennes Zwoter erlebt, aber so eine Darbietung hat es selten gegeben. Innerhalb von gut 20 Minuten schrauben die Gastgeber, heiß wie Frittenfett, das Ergebnis um weitere vier Tore in die Höhe, allerdings wäre auch ein zweistelliges Ergebnis und ein Platzverweis für das Senner Team möglich gewesen.
Ich denke, man sollte diese Partie nicht allzu sehr überbewerten. Man erntet, was man sät und die Senner Riserva hat in den letzten Wochen reichlich wenig gesät, um gegen einen hochmotivierten Gegner mit Optionen auf den Relegationsrang, der die Tugenden der „Kampfliga“ Kreisliga B gelebt hat, ernsthaft zu bestehen. Neben der unausweichlichen Zwangsläufigkeit, dass man endlich mal wieder adäquat (und damit meine ich tatsächlich quantitativ) trainieren sollte, sind auch einige Dinge in puncto teaminterner Sozialpflege von Nöten, die aber an dieser Stelle nichts zu suchen haben.
Mit Blick auf das gesamte Jahr gesehen, möchte ich betonen, dass es immer viele „Väter des Erfolges gibt“, es bei Misserfolg aber immer einsam am Steuer zugeht – das ist menschlich. Jetzt geht es darum, sich mal wieder in einer dunklen Stunde mit breitem Kreuz in den Sturm zu stellen und seinen „Mann zu stehen“ und nicht wegzulaufen. Wahre Legenden werden nämlich in dunklen, stürmischen Zeiten geboren und nicht in Zeiten des Ruhms…