Der Knoten will nicht platzen – Negativtrend beim Waldbadexpress hält an

Die Senner Elf hatte sich vor dem Heimspiel gegen die Zweitvertretung des SC Wiedenbrück viel vorgenommen. Man war sich bewusst, dass die teils körperlose Gangart, das schwache Zweikampfverhalten und die fehlende Handlungsschnelligkeit aus der Vorwoche so nicht noch einmal abgerufen werden durfte, wolle man endlich die ersten Zähler auf dem eigenen Punktekonto verbuchen. Gerade vor dem eigenen Publikum sollte mit dem bekannten, schnellen Offensivfußball der bis dato schwache Saisonstart erst einmal vergessen gemacht werden.

So viel vorab: An den Rahmenbedingungen lag es jedenfalls nicht, dass unter’m Strich eine herbe 2:5-Heimpleite gegen die Oberliga-Reserve aus Wiedenbrück heraussprang. Nach der gut sechs Wochen andauernden Sperre des heiligen Rasens, durfte die Elf des Trainer-Duos Mike Wahsner und Christian Lyko endlich wieder auf das geliebte Grün. Diesbezüglich legte Greenkeeper Roland Landgraf am frühen Freitagabend sogar eine kleine Extraschicht ein, um dem Spielfeld in der Festung bpi-Arena farblich den letzten Schliff zu verpassen. Danke an dieser Stelle, Roland!

Auch personell hatten die Senner Coaches wieder die ein oder andere Option mehr auf dem Zettel. Die Gruner-Brüder kehrten rechtzeitig aus dem Kurzurlaub zurück, lediglich der verletzte Philipp Schlegel und der urlaubende Stefan Dopheide mussten ersetzt werden. So lief vor Sennes Nummer Eins, Felix Winkler, mit Rechtsverteidiger Ole Gruner, dem Innenverteidiger-Duo Henrik Eckseler und Malte Hawerkamp, sowie dem Linksverteidiger Jan Gruner abermals eine neu zusammengewürfelte Hinterreihe auf. Im Zentrum sollten Frank Rott und Michel Dennin für kreative und ordnende Impulse sorgen, während Marcel Landgraf und Timon Finger die Außenbahnen bemannten. Komplettiert wurde die Senner Elf von Kapitän Malte Gruner und Cem Beyer in der Sturmspitze. Mit sechs zusätzlichen Reservespielern darf man augenzwinkernd durchaus schon von einem kleinen „Luxusproblem“ sprechen.

Pünktlich um 15 Uhr pfeift der durchweg gut leitenden Referee zum vierten Spieltag der Bezirksliga, Staffel 2 an. Der Druck, nun endlich punkten zu müssen, ist insbesondere in den ersten zehn Minuten durchaus spür- und sichtbar. Die in ungewohntem weiß-gelb gekleidete Senner Elf wirkt zu Beginn der Partie nicht wirklich sattelfest und bringt sich durch einfache Abspiel- und Konzentrationsfehler meist selbst in Bedrängnis. Wieder einmal dürfen sich die zehn Akteure außerhalb des Sechszehners bei Schlussmann Winkler bedanken, dass man nach gut zehn Minuten nicht bereits einem Rückstand hinterherläuft. Im Anschluss an die schwammige Anfangsphase rollt der Waldbadexpress jedoch immer besser an und verlagert das Spiel zusehends in die Hälfte der Gäste.

Einige gute Gegenstöße und das steigende Selbstvertrauen in des eigene Spiel, münden in Minute 30 in die umjubelte Senner Führung. Ein langer Schlag muss her, um den Gästekeeper zu zwingen, den Ball aus der eigenen Gefahrenzone zu bugsieren. Das runde Leder landet aus Wiedenbrücker Sicht jedoch direkt vor den Füßen von Rechtsaußen Finger, der gut 25 Meter vor dem gegnerischen Tor den Ball bekommt und in cleverer Manier den Wiedenbrücker Schlussmann geistesgegenwärtig überlupft. Der Ball wird lang und länger und schlägt im Gehäuse der Gäste ein – 1:0 Senne!

Man könnte meinen, dass so eine Führung Ruhe in das eigene Spiel bringt und den Kopf nach den ganzen Negativereignissen der Vorwochen befreit – doch leider kommt es anders. Noch vor dem Halbzeitpfiff bestrafen die psychisch reiferen Gäste zwei Nachlässigkeiten in der Senner Hintermannschaft. Zunächst ist es eine Flanke des starken Rechtsaußen, die mit viel Effet vor’s Tor gezogen wird und am zweiten Pfosten einen Abnehmer findet, der unbedrängt zum 1:1-Ausgleich einköpfen kann. Nur sechs Minuten später ist es ein Ballverlust im Senner Aufbauspiel, der Wiedenbrück zu einem Konter einlädt, an dessen Ende ein strammer Schuss genau in den Torgiebel steht. 1:2, Halbzeit.

In der Halbzeitansprache ist Chef-Trainer Wahsner erneut als Motivationskünstler gefragt, um die zu sinken drohenden Köpfe wieder aufzurichten. Dabei sollen vor allem zwei Spielerwechsel dem eigenen Spiel entgegenkommen: Sturm-Oldie Florian Helmke ersetzt den unglücklich agierenden Cem Beyer in der Spitze und Rückkehrer Massimo Zanghi übernimmt den Staffelstab von Frank Rott, um in der Zentrale in bekannter Zanghi-Manier „aufzuräumen“. Der Waldbadexpress schwört sich noch einmal ein, letzte Verbesserungsvorschläge werde besprochen, einige Stellschrauben werden verändert, um den möglichst Rückstand schnell zu egalisieren. Doch der eigene Plan, an die unter’m Strich durchaus ordentliche erste Hälfte anzuknüpfen und früh auf den Ausgleich zu pressen, wird nur neun Zeigerumdrehungen nach Wiederanpfiff mit dem Gegentreffer zum 1:3 zerstört. Ab diesem Zeitpunkt versprühen weder die Akteure auf, noch die erneut zahlreich erschienen Schaulustigen neben dem Platz das Gefühl, dass eine erneute moralische Meisterleistung bevorsteht und das Spiel in eine andere Richtung lenken wird.

Zumal es fortan die Gäste sind, die den Waldbadexpress bis Minute 70 im eigenen Wohnzimmer mit einer taktischen und fußballerischen Überlegenheit an die eigenen Grenzen bringt. Mit schnörkellosem Spiel, einem stabilen Defensiv-Konstrukt und starkem defensiven Umschaltspiel, schraubt der SCW das Ergebnis mit ganz einfachen Mitteln auf 1:5 in die Höhe. Lediglich Florian Helmke bleibt es vergönnt, in seinem zweiten Einsatz seinen zweiten Treffer zu erzielen und in Minute 78. den 2:5-Endstand herzustellen und gleichzeitig Schadensbegrenzung zu betreiben.

Wieder einmal konnte man nichts von dem umsetzen, was man sich vorgenommen hat. Wieder einmal wirkte man zu naiv, um 90 Minuten Paroli bieten zu können. Wieder einmal wurden die einfachsten Fehler gnadenlos bestraft. Wie geht man mit so einer schwierigen Phase um? Was steht nun auf der Agenda? Die Fehler müssen unter der Woche angesprochen, analysiert und aufgearbeitet werden, um schon am kommenden Sonntag den nächsten Anlauf nehmen zu können. Mit dem TuS Dornberg kommt ein Schwergewicht der Staffel in die bpi-Arena, welches ohne Leidenschaft, Willen und Teamgeist nicht bespielt werden kann. Es muss ein Umdenken in den Köpfen jedes einzelnen stattfinden, um vor allem gedanklich in dieser Spielklasse anzukommen. Wir müssen lernen, den Fußball mehr und mehr zu arbeiten und nicht – wie in den vergangenen Spielzeiten – hauptsächlich zu zelebrieren. Jeder einzelne muss Verantwortung übernehmen, um den Nebenmann, seinen Mitspieler und Freund, mitzureißen. Denn: Wir sind nur dann stark, wenn wir als geschlossene Einheit agieren.

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